Aquaristik und Teiche
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Liebe Teich- und Aquarienfreunde!
Vor fast 20 Jahren begann ich als FACHTIERARZT FÜR KLEINTIERE
(www.drbusert.de), mich auch um erkrankte Fische zu kümmern. Besorgte
Koibesitzer/-innen waren mit die ersten Kunden, die an mich herantraten. Anfangs
stand ich dem Thema noch skeptisch gegenüber, zumal vom Studium her wir
Tierärzte kaum auf dieses Thema vorbereitet wurden. Jedoch war mein
Interesse schnell geweckt. Das Übrige tat der Tauchsport und die
Begeisterung für dieses Thema wuchs von Jahr zu Jahr.
Ich versehe
meinen Dienst gemäß dem Motto “Vorbeugen ist besser als heilen”. Hierbei
kommt der Beachtung der Wasserqualität eine vorrangige Stellung zu: Stellen
Sie sich bitte einmal einen Schweinemaststall vor, in dem die Schweine
husten! Solange die Lüftung in diesem Stall nicht korrekt eingestellt wird,
ist der Einsatz von Medikamenten wenig sinnvoll (oder sogar schädlich) oder anders ausgedrückt: Das Stallklima ist Einflußfaktor Nr.1 auf die
Lungengesundheit der Tiere!!! Und das gilt im Prinzip auch für den Koiteich
bzw. das Aquarium!
Vorbild Mutter Natur
Bevor wir in die Materie
Wasserqualität weiter einsteigen, möchte ich kurz den Blick auf “natürliche”
Gewässer lenken. In der Regel verfügen diese über einen kontinuierlichen
Wasseraustausch mit dem Grundwasser. Als Schwimmer/-in bemerkt man diese
Strömungen im Sommer in den Baggerseen an den Temperaturunterschieden. Ein
weiterer Aspekt stellt die jährliche Entwicklung der Futterketten dar. Mit
der Zunahme von Licht und Temperatur erwacht das Leben aus der Winterruhe
wieder. Es wird abgelaicht und das erste Pflanzenwachstum keimt auf. Im
Verlauf der nächsten Monate entstehen Schwärme aus Jungfischen, die mit
zunehmendem Wachstum entsprechend Nahrung vorfinden. Zum Herbst werden diese
zum größten Teil dann wieder Opfer der Raubfische und schließlich sind zum
Ende des Zyklus nur noch wenige Fische vorhanden.
Der Koiteich
So
gesehen lässt sich durchaus so mancher Koiteich mit einem Maststall
vergleichen. Die Taucher/-innen unter Ihnen wissen, wieviel mehr Wasser einem Fisch
in freier Wildbahn zur Verfügung steht (und umgekehrt, wieviel mehr sich
eine Karpfenlaus im See anstrengen muss, umihren Wirt zu finden). Während
sich also in der natürlichen Umgebung eine Nahrungskette erst langsam
aufbaut, wird im Frühjahr - dem Appetit der Koi entsprechend - häufig schon
munter "drauflos" gefüttert - ohne Beachtung der Wasserwerte!? Der Filter
befindet sich noch in der Phase des Einfahrens und es kommt zum Anstieg
giftiger Abfallstoffe. Hinzu kommen gegebenenfalls stark schwankende
Wassertemperaturen - gerade bei Teichen mit einem ungünstigen Verhältnis von
Wasseroberfläche/Volumen (Auskühlung!). Die Effizienz des Immunsystems aber
verhält sich direkt proportional zu ansteigenden Wassertemperaturen. Die
Folge ist Stress!
Das Aquarium
Es wird geschätzt, dass in
Deutschland rund 80 Millionen Zierfische gehalten werden. Davon werden viele
importiert. Nach Kauf beträgt die Lebenserwartung mitunter nicht mehr als
8 bis 12 Wochen, so dass jährlich mehrere hundert Millionen Zierfische
regelrecht “verbraucht” werden. Diese geringe Lebenserwartung hängt mit den
Fangmethoden (z. B. Natriumcyanid), und mit der Hälterung (z. B. Crowding,
massiver Einsatz von Antibiotika, stundenlanger Transport) zusammen!
Es macht keinen Sinn, nur auf Verdacht ein Medikament nach dem anderen
ins Aquarium zu geben. Am Ende machen falsche Medikamente den Fischen (und
dem Filter) mehr zu schaffen, als ein geringer Parasitenbefall. Sinnvoller
ist es, nur nach gestellter Diagnose gezielt Medikamente einzusetzen. Und
zur Diagnosestellung gehört nun mal - z. B. bei Juckreiz- das Anfertigen
eines Abstriches mit sofortiger, professioneller Beurteilung unter einem
guten Mikroskop! Und wer hier kein Mikroskop zur Verfügung hat, kann auch
keine Diagnose stellen! Auch ist zu bedenken, dass, wenn der Filter erst
einmal umgekippt ist, in der Regel wieder mehrere Wochen bis zur Ausreifung
benötigt werden ...
Bei der Einrichtung eines Gesellschaftsaquariums
sollte beachtet werden, dass je nach Herkunftsland der Fische diese an
unterschiedliche Gewässer angepasst sind. Sicherlich mag eine gewisse
Toleranz gegenüber davon abweichenden Werten vorhanden sein, aber nach
Möglichkeit sollten die Gesellschaften nachgeahmt werden, die auch in der
freien Natur vorkommen. Barben aus Südostasien sind z. B. an sehr weiches
Wasser gewöhnt, während Buntbarsche aus dem ostafrikanischen Malawisee
hartes Wasser kennen. Schwarzwasser z. B. zeichnet sich durch Ionenarmut,
niedrigem pH, Huminstoffe und insbesondere Keimarmut aus. Eine zu hohe
Fischdichte führt zu zusätzlichem Stress: Auch der Diskus zählt zu den
Barschen und diese richten Reviere ein: Wehe dem, der nicht ausweichen kann!
"Fischlein - du stirbst zwar leise, empfindest trotzdem Schmerz und Leid auf
deine Weise!"
Filterung
Allgemein ist zu lesen, dass in der Fischhälterung das anfallende Ammonium zu Nitrit und dieses dann weiter zu Nitrat verstoffwechselt wird. Diese nacheinander ablaufenden Vorgänge werden üblicherweise als Nitrifikation (durch aerobe Bakterien) bzw. Denitrifikation (durch anaerobe Bakterien) bezeichnet. Während Ammoniak und Nitrit als Fischgifte unerwünscht sind, wird Nitrat als Pflanzendünger mit für das Algenwachstum verantwortlich gemacht.
Diese Algen können durch ihre CO2-Produktion im
Sommer in den Teichen starke tägliche pH-Schwankungen bewirken. Diese
wiederum lassen aus dem ungiftigen Ammonium (NH4) das giftige Ammoniak (NH3)
entstehen. Gerade im Frühjahr sollten also Ammonium / Ammoniak und Nitrit
regelmäßig bestimmt werden. Die Folge schlechter Wasserqualität sind
geschwächte und lustlose Fische. Bei diesen haben Parasiten und
krankmachende Bakterien ein leichtes Spiel. Werden jetzt noch Chemikalien
wie z. . Formalin eingesetzt, so wird das feine Kiemenepithel zusätzlich
geschädigt. Die Folgen der Kiemennekrosen treten somit zum Herbst hin
deutlicher auf. Die Fische, die den nachfolgenden Winter überleben, sind
dann im nächsten Frühjahr schon wieder auffällig. Jedes Jahr nimmt die
Reifung der Wasserfilter am Teich im Frühjahr mehrere Wochen in Anspruch!!!
Wird dann der Filter zwischendurch noch intensiv gereinigt, so wird der
Aufbau zerstört und der Entwicklungsprozess fängt wieder von vorne an.
Was ist zu tun ?
- Wasserwechsel,
- geringerer Fischbesatz und
- angepasstes Füttern
sind dann durchaus eine Überlegung wert!
Filtermanagement.
Bevor ich dieses Thema weiter erläutere, möchte
ich zum besseren Verständnis des Status quo einen kurzen historischen Abriss
über die Filterentwicklung im Koiteich abgeben: Angefangen hat sie in den
80-er Jahren mit der Einführung von Teichfiltern überhaupt. Dann kamen die
Bodenabläufe auf, die Teichbeheizung folgte und schließlich das
Mehrkammerfiltersystem in den unterschiedlichsten Ausführungen.
Ein
Filter hat im Prinzip zwei Aufgaben:
1. Entfernung von festen
Schmutzpartikeln
Dazu werden mechanische Filter unterschiedlichster
Bauart herangezogen. Idealerweise aber sollten die Schmutzstoffe erst gar
nicht in den Filter gelangen, sondern getrennt entsorgt werden, z. B. sammelt
sich der sinkende Schmutz an einer tiefen Stelle und wird hier in
Intervallen abgepumpt.
2. Entgiftung von im Wasser gelösten
Abfallstoffen
Dem Biofilter kommt diese Arbeit zu. Er verarbeitet
die gelösten Abfallstoffe. Diese dienen den Filterbakterien als Nahrung.
Die Bakterien befinden sich in einem Biofilm.
Biofilm
Der Biofilm ist eine Schleimschicht (aus extrazellulären polymeren Substanzen
EPS), die von Mikroorganismen gebildet wird und diese umhüllt. Aufgrund von
Verästelungen und Kanälen entsteht eine große Oberfläche
(Weitere Informationen unter www.wasserlexikon.de).
Frage: Warum wenden die Bakterien Energie auf,
um einen Biofilm zu bilden?
Antwort: Sie tun es, weil eine solche
Schleimschicht diesen Organismen folgende Vorteile bietet:
1. Der Schleim
bindet Nährstoffe an der Oberfläche.
2. Es bildet sich eine
Mikrobengemeinschaft aus, in der Stoffwechselprodukte gebildet werden, die
anderen Organismen wieder als Nahrung dienen (Symbiose).
3. In einer
solchen Gemeinschaft können Substanzen abgebaut werden, die normalerweise
nicht abgebaut werden können, indem die Bakterien - jedes auf seine Weise -
ihr “Werkzeug” dazu einsetzt.
4. Der Biofilm bietet Schutz (z. B gegen
Fortspülung, Desinfektionsmittel und Antibiotika).
Innovation
Im April 2003 haben Bremer Max-Planck-Wissenschaftler ein Bakterium im
Schwarzen Meer entdeckt. Es ist in der Lage, Ammonium und Nitrit direkt zu
Stickoxydgas zu verstoffwechseln (Weitere Informationen unter www.anammox.com). Auch Aivasuidis und
Wandrey (*1) beschrieben einen anderen Weg der üblichen
Stichstoffverstoffwechselung. Mit anderen Worten: Es gibt offensichtlich in
der Natur verschiedene Wege, Ammonium bzw. Nitrit abzubauen!
Darüber
hinaus machte ich zufällig eine eigene Entdeckung, die meine Neugierde noch
vergrößerte: Mit Hilfe der Induktionsmethode gelang mir eine
Eigenentwicklung, die inzwischen als Langzeitversuch im Süßwasseraquarium
beeindruckende Ergebnisse liefert.
1. Bereits vier Tage (!) nach
Inbetriebnahme erfolgt ein messbarer Abbau von Ammonium, Nitrit und
gleichzeitig Nitrat! (= schnelleres Einfahren)
2. Noch nach Monaten
intensiver Fütterung liegt der Nitratwert unter 3 mg/l, ohne das Wasser
ausgetauscht werden muss. (= geringere Kosten im Dauerbetrieb)
3. Die
Umwälzrate ist übrigens recht niedrig und beträgt nur wenige Liter pro
Stunde. (= hohe Effizienz bzw. geringere Stromkosten)
Die
Messergebnisse zeigen, dass der eingeschlagene Weg richtig ist. Noch sind
Kinderkrankheiten vorhanden, aber auch denen ist beizukommen! Geplant ist,
dass ein verbesserter Teichfilter in Kürze versuchsweise wieder
in Betrieb gehen soll. (Weitere Neuigkeiten demnächst an dieser Stelle.)
Literatur
*1: Aivasidis, A., Wandrey, C.: Glasschwamm als Bakterienfilter. Abwasserreinigung ohne Sauerstoff. Sonderdruck Nr. 6157 aus: Berichte der Kernforschungsanlage Jülich GmbH, Jül. Nr. 1900 (o.J.)